Es fehlen die Ermittlungsinstrumente – das ist die Kritik, die sich aus einem von der Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) eingebrachtem Beschlussvorschlag „Bekämpfung des Schwarzmarkts und der Organisierten Kriminalität in Fällen cannabisbezogener Straftaten“ ergibt. Es wird kritisiert, dass infolge des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) den Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung cannabisbezogener Straftaten bezüglich bestimmter Ermittlungsinstrumente der Strafprozessordnung (StPO) die Hände gebunden sind. Diese stehen nun nicht mehr zur Verfügung.
Die Gefahr der Kupierung
Steht ein Verdacht wegen Handeltreibens mit nicht geringen Mengen an Cannabis im Raum, so seien die Telefonüberwachung, die Onlinedurchsuchung oder die akustische Wohnraumüberwachung nach den §§100a ff. StPO nicht mehr wie bisher einsetzbar.
Eine Privilegierung für die „Drogen-Dealer“, heißt es. Es bestehe die Gefahr, „dass Strafverfahren, in denen auf der alten Rechtsgrundlage ermittelt und Anklage erhoben wurde, mit einem Freispruch enden, weil rechtmäßig gewonnene Ermittlungsergebnisse nicht mehr als Grundlage einer Verurteilung herangezogen werden dürfen, und Ermittlungsverfahren eingestellt werden müssen, weil erfolgversprechende strafprozessuale Maßnahmen den Strafverfolgungsbehörden nicht mehr zur Verfügung stehen“. Der Gesetzgeber muss handeln. Andernfalls würde dies den festgelegten Zielen des KCanG, sprich den Schwarzmarkt einzudämmen und die Organisierte Kriminalität effektiver zu bekämpfen, zuwiderlaufen.
Woran liegt das?
Doch wie konnte es überhaupt zu einer solchen Beschneidung kommen? Hintergrund ist die seit dem 1. April 2024 geltende Rechtslage: durch die Teillegalisierung unterliegt Cannabis nicht mehr den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), folglich also auch nicht mehr den Strafvorschriften der §§29 ff. BtMG.
Innerhalb des Beschlusses wird bemängelt, dass der Gesetzgeber im Zuge der Teillegalisierung zwar den §100a StPO, welcher die Telekommunikationsüberwachung regelt, angepasst hat, jedoch nicht den §100g StPO. Dieser regelt die Erhebung von Verkehrsdaten. Dieses Versäumnis führte dazu, dass seit April das wichtige Ermittlungsinstrument der Erhebung von gespeicherten Standortdaten bei Telekommunikationsdienstleistern als auch bei Tele-Mediendienstleistern in Fällen von ausschließlich cannabisbezogenen Straftaten unzulässig ist.
Zudem wird kritisiert, dass mit der neuen Rechtslage auch die Möglichkeit der Online-Durchsuchung nach §100b StPO weggefallen ist.
Dabei sorgte vor allem ein Freispruch des Landgerichts Mannheim für Aufsehen. Das Gericht sprach den Angeklagten frei, der rund 450 Kilogramm Marihuana im Wert von 1,9 Millionen Euro eingeführt haben soll. Der Grund: Erkenntnisse aus Encro-Chat Nachrichten konnten nicht verwertet werden, da die Voraussetzungen für eine Online-Durchsuchung nach §100b Abs. 2 Nr. 5a StPO nicht erfüllt waren. Dieser erlaubt eine Online-Durchsuchung nur bei Verdacht einer „besonders schweren Straftat“. Aus dem BtMG haben es nur wenige Tatbestände in Abs. 5 geschafft – zu wenige nach der Kritik. Denn diese Änderung von §100b Abs. 2 Nr. 5 nach der Teillegalisierung sei unzureichend und wirke sich nicht nur auf die Online-Durchsuchung, sondern auch auf die akustische Wohnraumüberwachung nach §100c StPO aus.
Thema auf der Justizministerkonferenz
Der Beschlussvorschlag aus Berlin soll nun auf der bevorstehenden Justizministerkonferenz auf der Tagesordnung stehen. Der aktuelle Bundesjustizminister Volker Wissing soll darum gebeten werden, im Rahmen der bevorstehenden Evaluierung des KCanG auch entsprechende Neuregelungen besonders in den Blick zu nehmen. Mit der Evaluierung ist jedoch frühestens 18 Monate nach Inkrafttreten des KCanG also frühestens zum 1. Oktober 2025 zu rechnen.
Quelle: lto.de