Ist die Teil-Legalisierung fehlgeschlagen? Diese Frage muss man sich stellen, wenn man einen Blick auf die neusten Ereignisse wirft.
Im Laufe dieses Jahres kam es immer wieder zu Explosionen an verschiedenen Orten in Nordrhein-Westfalen wie Köln, Duisburg oder Solingen. Ermittler vermuten einen Streit im Drogenmilieu. Die Staatsanwaltschaft prüft auch Verbindungen in die Niederlande, denn als mögliche Beteiligte in diesem Streit gilt die sogenannte „Mocro-Mafia“.
Was ist die „Mocro-Mafia“?
Drogenhandel, Sprengungen und Entführungen – die niederländische „Mocro-Mafia“ hat sich durch ihr kaltblütiges Vorgehen und ihre Brutalität einen Namen gemacht.
Erst im Juli stürmte die Polizei ein Haus im Kölner Süden, um dort ein Paar zu befreien, welches die Mafia dort festhielt. Diese brutalen Vorgehensweisen haben vor allem einen Zweck: Gegner und Konkurrenten sollen eingeschüchtert werden.
Auch der befreite Mann aus dem Kölner Wohnhaus soll zu einer konkurrierenden Gruppe gehört haben. Er wurde vor den Augen seiner Frau brutal gefoltert – und die Tat gefilmt.
Dabei ist die Bezeichnung „Mocro-Mafia“ nicht unumstritten. Das niederländische Slangwort „Mocro“ spielt darauf an, dass es sich bei den Mitgliedern meist um marrokanische Einwanderer handelt. Bereits in den 70er Jahren bildeten sich vor allem in den niederländischen Großstädten kriminelle Strukturen im Handel mit Cannabis.
Jedoch konnte ein Zusammenhang zwischen den Banden und einer bestimmten Herkunft bisher nicht nachgewiesen werden. Vielmehr geht man davon aus, dass es neben albanischen und marokkanischen Mitgliedern auch viele Beteiligte ohne Migrationshintergrund oder aus weiteren Ländern gibt.
Zudem ist der Begriff irreführend. Statt von einer einzigen Gruppe auszugehen, wie es der Wortlaut nahelegt, handelt es sich um einzelne Banden ohne einheitliche Strukturen. „Mocro-Mafia“ kann bloß als Oberbegriff verstanden werden. Die Behörden nutzen diesen jedoch nicht.
Ist die „Mocro-Mafia“ bereits in Deutschland?
Dazu kann man sagen: Definitiv. Die Mafia ist bereits bis nach Deutschland vorgedrungen. Oder wie die FAZ es betitelt „Der Drogenkrieg in Deutschland ist da“.
Die Serie der Spengstoffattentate, die Entführung des Paares in Köln – all das lässt den sicheren Schluss zu, dass die Banden längst auch in Deutschland aktiv sind. Diese brutale Konfliktaustragung sei wie ein Fingerabruck, den die „Mocro-Mafia“ hinterlasse.
Im Gegensatz zu unserem Nachbarland sei das Problembewusstsein in Deutschland noch nicht so groß. In den Niederland investiert man in den intensiven Kampf gegen die brutalen Banden – in Deutschland mangelt es dafür an den nötigen Ressourcen.
Bereits in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt: Die Bedrohung durch organisierte Kriminalität nehme zwar zu, die Ressourcen im Kampf gegen diese wachsen jedoch nicht.
Was hat die Teillegalisierung mit all dem zu tun?
Den Ursprung der „Mocro-Mafia“ sieht der Maastrichter Kriminologe Robin Hofmann in der Legalisierung von Cannabis in den Niederlanden. Jedoch hatte der niederländische Staat für Cannabis keine legalen Versorgungswege geschaffen. Marokkanische Banden sahen ihre Chance und übernahmen den Markt.
Ist die Teillegalisierung in Deutschland nun auch der „Ursprung allen Übels“? Für einige Politiker lag dieser Zusammenhang klar auf der Hand. Darunter auch der NRW-Innenminister Herbert Reul. Auch in Deutschland stärke die neue Cannbisregelung das organisierte Verbrechen von Dealerbanden in Deutschland.
Als Argument dafür wird angeführt, dass Polizeiexperten feststellen, dass die Nachfrage nach Cannabis in Deutschland seit der Teillegalisierung gestiegen ist. Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter schätzt den jährlichen Cannabis-Bedarf in Deutschland auf rund 400 Tonnen. Diese hohe Nachfrage können die wenigen bisher bestehenden legalen Anbauvereine nicht decken. So wird der Markt frei für organisierte Kriminelle, vor allem wenn diese ohnehin bereits im illegalen Cannabis-Handel tätig sind.
Das Bundeskrimnialamt hält dennoch entschieden dagegen. Ein Zusammenhang würde nicht bestehen. Auch der Kriminologe Thomas Brombacher ist skeptisch gegenüber der Prognose. Er räumt zwar ein, dass es möglicherweise zu Marktveränderungen aufgrund der Legalisierung gekommen sein könnte, gibt aber zu bedenken, dass es noch zu früh ist, um konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen. Hinter den geäußerten Bedenken der Politiker vermutet er zudem politische Motive. Bestimmte Interessenvertreter könnten versuchen, die Diskussion gezielt zu beeinflussen, um die Legaliserung in ein negatives Licht zu rücken. So kündigte beispielsweise die CDU/CSU bereits an, die Legalisierung Rückgang zu machen, falls sie in der kommenden Bundestagswahl in die Regierung tritt.
Es wird also deutlich: Die Debatte um die Teillegalisierung hört selbst nach ihrer Durchsetzung nicht auf. Für die Gegner dieser sind die immer häufiger werdenden Meldungen über die illegalen Drogenbanden „guter Stoff“ um ihre Position zu bestärken. Doch die Frage, ob und wie stark sich die Teillegalisierung tatsächlich auf illegale Netzwerke auswirkt, bleibt zunächst offen.
Quellen: wdr.de, zdf.de, merkur.de, zeit.de