Zum Handeltreiben gezwungen? Eine solche Fallkonstellation klingt zunächst skurril. Dennoch behauptet dies der Angeklagte in dem vorliegenden Fall, der nach eingelegter Revision letztlich beim Bundesgerichtshof landete.
Der konkrete Fall
In dem konkreten Fall, der dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, hatte der Angeklagte die Betreiber einer Cannabisplantage die Betreiber bei der Aufzucht der Pflanzen unterstützt. Dies jedoch, um so die Schulden seines Schwagers abzuarbeiten. Der Betreiber der Plantage drohte damit, dem Schwager des Angeklagten sonst ins Knie zu schießen. Das Landgericht Wuppertal hatte den Angeklagten daraufhin am 1. Februar 2023 unter anderem wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Daraufhin legte dieser Revision ein, so dass der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte.
BGH: kein Vorliegen eines entschuldigenden Notstands
Dieser hatte zu entscheiden, ob in dem Fall des Angeklagten nicht ein entschuldigender Notstand anzunehmen sei. Dieser setzt gemäß §35 StGB grundsätzlich voraus, dass der Täter in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen nahestehenden Person abzuwenden.
Der Schwager des Angeklagten zählt unstreitig zu diesem privilegierten Personenkreis. Auch könne man in der Drohung des Plantagenbetreibers eine gegenwärtige Gefahr sehen. So dass man wohl von einer Notstandslage ausgehen könne.
Dennoch lehnt der BGH die Annahme eines entschuldigenden Notstands und damit die Straffreiheit des Angeklagten in diesem Fall ab. Es mangelt an einer tauglichen Notstandshandlung. Demnach ist eine Gefahr nicht anders abwendbar, wenn bei einer Ex-ante-Betrachtung kein milderes, gleichermaßen zur Gefahrenabwehr geeignetes Mittel vorhanden ist.
Vorliegend hätte der Angeklagte jedoch auch behördliche Hilfe in Anspruch nehmen können. Ein milderes Mittel liegt also vor, so dass es schon an der Erforderlichkeit der Handlung fehlt. Es bestand somit ohne Weiteres die Möglichkeit, die Drohungen durch eine Anzeige bei den zuständigen Behörden abzuwenden.
Somit könne man einen entschuldigenden Notstand iSd. §35 StGB nicht annehmen.
Quellen: bundesgerichtshof.de, rechtsanwalt-urteile-entscheidungen.strafrechtskanzlei.berlin.de