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Die nicht geringe Menge für das synthetische Cannabinoid 4F-MDMB-BICA 

Nach den vom Landgericht Augsburg getroffenen Feststellungen bestellte der Angeklagte in den Monaten Februar und April 2022 jeweils größere Menge von synthetischen Betäubungsmitteln  von einem ihm bekannten Lieferanten, um dieses abzüglich eines Eigenkonsumanteils von 5% im Inland verkaufen zu können. Auf seine erste Bestellung versendete ein Lieferant per Post 1,592,81g Kräutermischung, die insgesamt 133,88g des Wirkstoffs 4F-MDMB-BICA enthielt. Die zweite Bestellt enthielt 5,154,46g Kräutermischung einschließlich 566,27g des Wirkstoffs JWH210. 

Das Landgericht hat die Bestellung und Versendung der dem Betäubungsmittelgesetz unterfallenden Substanzen jeweils als Anstiftung und Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet. Bei der Kräutermischung, die den Wirkstoff 4F-MDMB-BICA enthielt, ist das Landgericht von einem Grenzwert ausgegangen, der bei 2g liegt. Das trifft zu. Der Wirkstoff wurde durch die 22. Verordnung zur Änderung von Anlagen des BtMG in die Liste der Anlage II des BtMG aufgenommen und war deshalb zum Zeitpunkt der Tat Betäubungsmittel. 

Der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels ist stets abhängig von dessen konkreter Wirkungsweise und Wirkungsintensität. Maßgeblich ist dabei vor allem die gar tödliche Dosis des Wirkstoffs. Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines gewöhnlichen Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere seine Abhängigkeit auszulösendes Potential. 

Bei 4F-MDMB-BICA handelt es sich um einen Cannabinoid-Rezeptor-Agonisten, welcher strukturell mit anderen Cannabinoiden verwandt ist. Häufig wird der Wirkstoff als sog. Kräutermischung in reiner Pulverform konsumiert. Gegenüber THC hat dieser eine vielfach stärkere und weniger vorhersehbare Wirkung. Ausreichend gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu der äußerst gefährlichen Dosis existieren bislang nicht. Es kann lediglich geschlussfolgert werden, dass die Konsumeinheit deutlich geringer ist, als bei THC. Seit dem erstmaligen Nachweis des Wirkstoffs im Juli 2020 ist dieser mit mehreren akuten und tödlichen Intoxikationen Fällen in Verbindung gebracht worden.

Hinsichtlich dessen, dass noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, kann die nicht geringe Menge nur im Vergleich mit anderen verwandten Wirkstoffen bestimmt werden. Ein Vergleich mit Heroin, Kokain etc. kommt wegen der verschiedenen Struktur und Wirkungsweise nicht in Betracht.

Nach Ausführungen eines Sachverständigen gilt für 4F-MDMB-BICA Folgendes: Die Wirkung der synthetischen Cannabinoide wird über das Ende-cannabinoid-System vermittelt. Die Wirkstoffe binden an Rezeptoren, die in hoher Dichte im Gehirn und im Rückenmark vorkommen und für psychotropen Effekte sorgen. Bei 4F-MDMB-BICA kommt es zu einem wesentlich stärkeren Effekt, der bis zur Lebensbedrohlichkeit führen kann. 

Deshalb ist das Landgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die in den Kräutermischungen enthaltenen Wirkstoffmengen die Grenze der nicht geringen Menge überschritten haben. 

Quellen:BGH, Beschl. 11.12.23 – 1 StR 276/23 

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