Das Landgericht Kleve hat den Angeklagten wegen Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt und knapp 96,4 Kilogramm Kokain eingezogen. 15 Jahre Freiheitsstrafe? Ja, richtig gehört!
Der niederländische Angeklagte fand sich mit einem Landmann zusammen, um dauerhaft im großen Stil einen internationalen Handel mit Betäubungsmitteln zu betreiben. Der Angeklagte war für den Ankauf des Rauschgifts und die Logistik verantwortlich. Und das alles bei einer Gewinnbeteiligung von 25%. Der Komplize des Angeklagten warb drei deutsche Beteiligte an, welche die Aufgabe hatte, die Betäubungsmittel in präparierte Baumaschinen einzubringen, die er anschließend nach Deutschland schaffen ließ. Der Angeklagte besorgte im abgeurteilten Fall das eingezogene Heroin, welches einen Wirkstoffgehalt von über 49 Kilogramm Heroinhydrochlorid aufwies und für den Verkauf nach Irland vorgesehen war. Auf Verlangen des Angeklagten holte einer der drei Deutschen die Betäubungsmittel in den Niederlanden ab und fuhr sie versteckt in einem Transporter über die Grenze in eine Halle in G. Dort verluden die drei deutschen Beteiligten rund 87,4 Kilogramm Heroin in einem im Gegengewicht einer Hebebühne verborgenen Hohlraum, der mit Bleiplatten ausgekleidet und damit gegen Durchleuchtung gesichert war. Ein Fahrer holte die so bestückte Hebebühne mit einem Tieflader ab und verbrachte sie über Belgien nach Irland. Das gesamte Handelsgeschäft war von deutschen Ermittlern beobachtet worden.
Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht Kleve innerhalb des Strafrahmens des §30a Abs.1 BtmG mildern das Geständnis des Angeklagten, sowie seine Aufklärungsbemühungen berücksichtigt. Außerdem sei die Haftempfindlichkeit des Angeklagten aufgrund eingeschränkter Deutschkenntnisse und infolge einer Rheumaerkrankung leicht erhöht. Trotz dessen hat das Landgericht Kleve die Höchststrafe verhängt. Grund dafür sei insbesondere die Überschreitung des ,,Heroin Grenzwertes‘‘ um mehr als das 30.000-fache und die wesentlichen Tatbeiträge des Angeklagten, die weitaus gewichtiger wiegen würden als die mildernden Gesichtspunkte.
Die Revision des Angeklagten hat einen (Teil-)Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Strafauspruchs unter Aufrechterhaltung der zugehörigen Feststellungen. Es würde sich nicht erschließen, weshalb die StrK den Fall als derart ungewöhnlich eingestuft hat.
Strafen die sich der oberen Strafrahmengrenze annähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht. Maßstab sind dabei das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut und den Grad seiner schuldhaften Beeinträchtigung. Zwar schließt das Vorliegen einzelner Milderungsgründe die Verhängung der Höchststrafe keineswegs aus, jedoch bedarf es insbesondere dann einer sorgfältigen Begründung unter Berücksichtigung aller Umstände.
Eine solche Begründung, die das Höchstmaß der Freiheitsstrafe rechtfertigt, lassen die Urteilsgründe des Landgerichts Kleve vermissen. Zunächst hat das Landgericht rechtsfehlerfrei strafschärfend gewertet, dass sich das Geschäft auf eine besonders große Menge einer harten Droge bezog und der maßgebliche Grenzwert weit überschritten ist. Jedoch verlieren die allgemeinen Strafzumessungsgrundsätze des §46ff. StGB im Bereich der Betäubungsmitteldelikte nicht an Bedeutung. Auch hier ist die Strafe nach der individuellen Schuld zuzumessen. Eine allgemeine ,,Mengenrechtsprechung‘‘ gibt es nicht.
Im vorliegenden Fall scheint es so, als hätte sich das Landgericht allein an dem hohen Maß der Grenzwertüberschreitung orientiert. Es geht nicht hervor, dass sich die Strafkammer bei der Verhängung der Freiheitsstrafe intesiv mit den Milderungsgründen auseinandergesetzt hat. Die Feststellung, dass ein besonders großes Übergewicht der Strafschärfungsgründe zur Bedeutungslosigkeit der Milderungsgründe führt, lässt sich nicht vertreten.
Quellen:BGH, Beschl. V. 05.09.2023 – 3 StR 217/23