Mehrere Menschen wohnen gemeinsam in einer Wohnung – zum Beispiel als Paar, als „WG“ oder als Familie. Dabei stellt sich die Frage: Fällt nicht auch auf mich ein gewisses strafrechtliches Risiko zurück, wenn mein „Mitbewohner“ aus der gemeinsamen Wohnung heraus mit Drogen handelt?
Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes
Jedenfalls könnte man zunächst an eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln denken. Vor allem dann, wenn der Verkaufsbestand der Betäubungsmittel in der Wohnung gelagert wird und dies auch durch den „unbeteiligten Mitbewohner“ geduldet wird. Jedoch setzt das „Besitzen“ nach dem BtMG ein „bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und -bewusstsein“ voraus.
So der Bundesgerichtshof in einem jüngeren Urteil (1 StR 75/22) vom 3. Mai 2022. Die Angeklagte duldete, dass ihr Freund einen Bestand an größeren Mengen Marihuana und Kokain in ihrer gemeinsamen Wohnung zum gewinnbringenden Weiterverkauf lagerte. Daraufhin verurteilte sie das Landgericht Stuttgart wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Der BGH entschied, dass ein solches Dulden nicht unter das „Besitzen“ im Sinne der oben genannten Definition falle, so dass die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes sachenrechtlicher Nachprüfung nicht standhält. Insbesondere war die Angeklagte nicht dazu befugt gewesen, über die Betäubungsmittel zu verfügen.
Strafbarkeit wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben
Ob sich aus dem gemeinsamen Wohnen eine strafbare Beihilfe zum Drogenhandel ergibt, erscheint weiterhin fraglich. Dies entschied der BGH bereits in einem Urteil von 2016 (Beschluss vom 16.02.2016 – 4 StR 459/15).
Die Probleme ergeben sich wieder einmal aus der Definition. „Handeltreiben“ mit Betäubungsmitteln im Sinne des §29 BtMG (Betäubungsmittelgesetz) ist „jede eigennützige, auf die Förderung des Umsatzes von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit“. Dabei soll auch bereits einmalige oder unterstützende Tätigkeit ausreichen.
Ähnlich wie im oben bereits zitierten Fall, duldete auch hier die Freundin den durch den Freund als „Dealer“ durchgeführten Handel mit Betäubungsmitteln in der gemeinsamen Wohnung. In dem alleinigen Dulden sei noch kein unterstützender Beitrag zu sehen. Eine „Förderung des Umsatzes“ könne man zudem nicht annehmen. Jedoch könne man der Angeklagten jedoch vorwerfen den Handel in der gemeinsamen Wohnung nicht unterbunden zu haben. So auch das Landgericht, welches vor dem BGH entschied. Dieses sah darin eine Beihilfe verwirklicht und verurteilte die Freundin mithin als Gehilfin. Der BGH hob dieses Urteil auf und begründete dies wie folgt:
„Allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung, der Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäubungsmitteln in der gemeinsamen Wohnung erfüllt ohne ein irgendwie geartetete, die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung nicht die Voraussetzungen der strafbaren Beihilfe“.
Auch eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen lehnte der BGH ab: „Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen scheidet mangels Garantenstellung der Angeklagten aus. Denn der Inhaber einer Wohnung hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch Dritte keine Straftaten begangen werden.”
Quellen: rechtsanwalt-urteile-entscheidungen.strafrechtskanzlei.berlin.de, anwalt.de