Heute Vergehen, früher Verbrechen: ,,EncroChat’’ Daten dürfen zum Nachweis eines Handels mit Cannabis weiter verwertet werden. Für die Rechtmäßigkeit der Datenübermittlung stellt der BGH auf den Rechtszustand bei der Datenanforderung ab.
EncroChat, ein Kommunikationsanbieter, bot viele Jahre sogenannte Kryptohandys, bei denen es sich um abhörsichere Mobiltelefone handelt an. Der unter anderem wegen Cannabis-Handel Angeklagte benutzte ein solches Kryptohandy für seine illegalen Geschäfte. 2020 gelang es französischen Ermittlungsbehörden in das EncroChat Netzwerk einzudringen und Spyware auf den Endgeräten zu installieren. Die dabei erhobenen Daten leitete Frankreich an deutsche Behörden weiter. Diese wurden vom Landgericht Berlin aber nicht als Beweismittel verwertet. Der Mann wurde freigesprochen.
Grund dessen war, dass die dem Angeklagten vorgeworfene Tat mit dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes nicht mehr als Verbrechen, sondern nur noch als Vergehen einzustufen ist. Gemäß §2 Abs.3 StGB ist in vor dem 01.04.2024 begangenen ,,Alt’’-Fällen des Cannabisgesetzes zumeist das neue Recht als milderes Recht anzuwenden. Eine solch gravierende Ermittlungsmaßnahme wie die Online-Durchsuchung hielt das Landgericht nicht durch den Vorwurf eines Vergehens gerechtfertigt.
In einer Grundsatzentscheidung hatte der 5.Strafsenat des BGH im März 2022 die Verwertbarkeit der ,,EncroChat’’-Daten bei einer Verurteilung wegen erheblichen Drogenhandels nach §29a Abs.1 Nr.2 BtMG unter anderem damit begründet, dass dieser als besonders schwere Straftat im Katalog des §100B Abs.2 StPO enthalten sei. Dies sei bei Straftaten des neuen Cannabisgesetzes nicht mehr der Fall.
Daten verwertbar – BGH hebt Freispruch auf
Der BGH hat den Freispruch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin aufgehoben. Die Gesetzesänderung sei für die Verwertbarkeit der ,,EncroChat’’-Daten nicht maßgeblich.
Maßgeblich für die rechtmäßige Datenübermittlung sei der Rechtszustand bei Datenanforderung. Das sei hier das Jahr 2020 gewesen. Damals seien die angeklagten Taten als Verbrechen strafbar gewesen. Damit seien die Daten nach den Auffassungen des BGH rechtmäßig nach Deutschland übermittelt worden. Laut BGH gilt in solchen Fällen schon nach der bisherigen Rechtsprechung, dass eine Änderung der rechtlichen Bewertung einer Tat im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht zu einer Unverwertbarkeit rechtmäßig erlangter Daten führt.
Die Sache muss nun, soweit der Angeklagte freigesprochen ist, unter Beachtung der Rechtsauffassung des BGH neu verhandelt und entschieden werden.
Quellen: BGH, Urteil v. 30.01.2025 – 5 StR 528/24